Verzögerungen bei der Zertifizierung von Medizinprodukten in Europa und ihre Auswirkungen auf Healthtech- und Biotech-Start-ups
Verzögerungen bei der Zertifizierung von Medizinprodukten in Europa wirken sich zunehmend negativ auf innovative Start-ups aus den Bereichen Healthtech und Biotechnologie aus. Es mehren sich Stimmen, die befürchten, dass die Medizinprodukteverordnung (MDR) zu einem Stillstand führen könnte, da Unternehmen sowohl für bestehende als auch neue Produkte auf Zertifizierungen nach den neuen Vorschriften warten.
Die Unsicherheit resultiert aus der im Jahr 2021 in Kraft getretenen EU-Medizinprodukteverordnung (MDR), die neue Anforderungen für die CE-Kennzeichnung festlegt – eine Voraussetzung für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten in Europa. Die Verschärfung der gesetzlichen Vorschriften war eine Reaktion auf mehrere Zwischenfälle mit Medizinprodukten in den letzten Jahren. Nach den neuen Regeln müssen bereits auf dem Markt befindliche Produkte erneut geprüft werden, um ihre CE-Kennzeichnung zu behalten. Hersteller neuer Produkte müssen hingegen häufig Designänderungen vornehmen, um die strengeren Anforderungen zu erfüllen. Hinzu kommt, dass laufend neue Leitlinien und regulatorische Anpassungen eingeführt werden, was zu zusätzlicher Verwirrung führt.
Zertifizierungsanträge für Medizinprodukte werden von unabhängigen, von der Europäischen Kommission benannten Stellen – den Benannten Stellen – geprüft. Diese mussten ihrerseits erneut akkreditiert werden, um nachzuweisen, dass sie die neuen Vorschriften erfüllen – ein langsamer und komplexer Prozess. Derzeit gibt es in Europa rund 40 benannte Stellen, die jedoch nicht in der Lage sind, den hohen Bedarf an Zertifizierungen abzudecken. Um die kontinuierliche Verfügbarkeit medizinischer Produkte zu gewährleisten, hat die EU die Übergangsfristen verlängert – allerdings gilt dies nicht für Unternehmen, die neue Produkte auf den Markt bringen wollen.
Die wachsende Komplexität der Anforderungen, lange Wartezeiten und Unsicherheit lähmen Start-ups, die auf eine Zertifizierung angewiesen sind, um Investoren zu gewinnen und innovative Medizinprodukte auf den Markt zu bringen. Deutlich im Vorteil sind Unternehmen, die außerhalb Europas tätig sind – etwa Start-ups aus Afrika oder Asien.
Viele europäische Start-ups müssen zusätzliches Kapital beschaffen, um die langen Wartezeiten bis zur CE-Kennzeichnung zu überbrücken und die hohen Kosten für klinische Prüfungen zu decken. Diese Unsicherheit führt dazu, dass Investoren, die bereit wären, ein Unternehmen vor der CE-Zertifizierung zu unterstützen, häufig nur begrenzte Mittel bereitstellen.
Ein weiterer sichtbarer Trend: Europäische Start-ups mit Fokus auf den Heimatmarkt erwägen zunehmend, ihre Produkte zunächst auf Märkten mit effizienteren Zulassungsverfahren einzuführen – etwa in den USA. Dort ist der Zeitplan der FDA-Zertifizierung deutlich klarer und strukturierter als in der EU. Während europäische Verfahren bis zu 9–18 Monate dauern können, trifft die FDA ihre Entscheidungen häufig innerhalb von 90 Tagen. Daher priorisieren immer mehr europäische MedTech-Start-ups den Markteintritt in den USA.
Start-ups fordern ein transparenteres und beschleunigtes Validierungssystem, das mehr Unterstützung bietet und Unsicherheiten reduziert, um den Markteintritt innovativer Produkte zu erleichtern.
Wir laden Sie ein, das Video mit Katarzyna Wesołowska, Präsidentin des Vorstands von MDR Regulator, anzusehen, in dem sie erklärt, unter welchen Bedingungen Medizinprodukte während der Übergangsphase in Verkehr gebracht werden dürfen.
Video:
https://youtu.be/jXcvzYAh5Uw