Was ist eine regulatorische Strategie?
Eine regulatorische Strategie ist ein umfassender Aktionsplan, der jede Phase des Lebenszyklus eines Medizinprodukts abdeckt – von der Konzeption über die Entwicklung bis hin zur Zertifizierung und Vermarktung. Ihr Hauptziel ist die Sicherstellung der Konformität mit den Anforderungen der MDR 2017/745 oder IVDR 2017/746 und die Minimierung von Verzögerungen, die durch fehlerhafte Klassifizierung oder Dokumentation entstehen können. In dieser Strategie sollten auch die Aufgaben der für die regulatorische Konformität verantwortlichen Person (PRRC) berücksichtigt werden, die gemäß Art. 15 MDR/IVDR die kontinuierliche Erfüllung der formalen Anforderungen und die Überwachung der Konformität gewährleistet.
Klassifizierung und Einstufung von Medizinprodukten
Die richtige Bestimmung der Zweckbestimmung sowie der Risikoklasse des Produkts bestimmt den weiteren Verlauf des Konformitätsprozesses. Die korrekte Klassifizierung des Medizinprodukts entscheidet über den erforderlichen Konformitätsbewertungsweg und den Umfang der technischen Dokumentation. Klassifizierungsfehler, insbesondere bei IVD der Klasse D, können zur Ablehnung des Antrags durch die Benannte Stelle führen – gemäß MDCG 2022-5.
Gesetzliche und normative Anforderungen
Die regulatorische Strategie sollte auf dem aktuellen Rechtsrahmen basieren, einschließlich der MDR 2017/745, der IVDR, der Normen ISO 13485 und ISO 14971 sowie den MDCG-Leitlinien, die die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und klinische Konformität konkretisieren. Wesentlich ist auch die Berücksichtigung der Vorschriften zur Kennzeichnung und Registrierung von UDI im Hinblick auf die Rückverfolgbarkeit von Produkten.
Konformitätsbewertungsverfahren
Die Wahl des richtigen Konformitätsbewertungsverfahrens hängt von der Klassifizierung des Produkts ab. Für höherklassige Produkte ist die Einbeziehung einer Benannten Stelle erforderlich, die die Dokumentation, Prozesse und Leistung des Produkts im Hinblick auf die Anhänge IX–XI MDR oder die entsprechenden IVDR-Bestimmungen prüft. Für IVD der Klasse D ist u. a. die Mitwirkung von EU-Referenzlaboren vorgeschrieben, und die Strategie muss deren Einbeziehung frühzeitig berücksichtigen.
Allgemeine Sicherheits- und Leistungsanforderungen (GSPR)
Alle Produkte müssen die in Anhang I der MDR festgelegten Allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen (GSPR) erfüllen. Die GSPR sind für jedes Produkt individuell zu analysieren und deren Erfüllung in den technischen Unterlagen zu dokumentieren.
Risikomanagement
Die Strategie sollte einen Prozess des Risikomanagements gemäß ISO 14971 enthalten, integriert mit Funktionsanalyse, Design, Validierung und Aktualisierung des Produktlebenszyklus. Inkonsistenzen in der Risikobewertung sind eine der Hauptursachen für die Ablehnung von Unterlagen durch Benannte Stellen. Es wird empfohlen, das Risikoregister mit PMS- und PMCF-Dokumentationen zu integrieren, um Transparenz und Kontinuität der Analyse zu gewährleisten.
Präklinische Bewertung
In der Entwicklungsphase des Produkts sollten Labortests durchgeführt werden, die Sicherheit und Leistung bestätigen. Der Umfang der präklinischen Bewertung umfasst u. a. Biokompatibilitätstests, Analysen mechanischer, chemischer und mikrobiologischer Eigenschaften sowie die Validierung von Herstellungsverfahren.
Klinische Entwicklungsstrategie
Für Produkte der Klassen IIb und III MDR oder der Klassen C und D IVDR kann die Durchführung klinischer Studien erforderlich sein. Alternativ kann sich die klinische Strategie auf Literaturanalysen, PMS/PMCF-Daten oder Beobachtungen nach der Markteinführung stützen. Dieser Ansatz sollte an die Anforderungen der Planung von klinischen Studien angepasst werden. Insbesondere sollte ein Plan zur Leistungsbewertung von IVD (Performance Evaluation Plan) entwickelt werden, und bei implantierbaren Produkten ein konsistenter PMCF-Plan.
Technische Dokumentation
Die technische Dokumentation ist die Grundlage für den Nachweis der Konformität eines Medizinprodukts mit den Anforderungen der MDR oder IVDR. Sie muss so erstellt werden, dass eine eindeutige Bewertung sowohl in Bezug auf Design als auch auf klinische Aspekte möglich ist und jederzeit während des Lebenszyklus des Produkts den Aufsichtsbehörden vorgelegt werden kann.
Der Umfang der Dokumentation sollte mindestens umfassen: Beschreibung des Produkts und seiner Zweckbestimmung, Plan und Ablauf des Entwicklungsprozesses, Risikobewertung sowie Nachweis der Konformität mit den GSPR-Anforderungen. Für höherklassige Produkte sind zudem klinische Daten (bzw. Leistungsdaten bei IVD), Produktionsunterlagen, PMS-/PMCF-Strategien, ein UDI-System sowie Verfahren für Produktänderungen erforderlich.
Die Dokumentation muss mit dem implementierten Qualitätsmanagementsystem übereinstimmen und regulatorische Änderungen berücksichtigen – einschließlich der Änderungen durch die Verordnung 2025/1021 und die Aktualisierungen der MDCG-Leitlinien. Eine fehlende Anpassung des Dokumentationsumfangs an die Risikoklasse und den Konformitätsbewertungsweg führt zur formalen Ablehnung durch die Benannte Stelle oder die nationale Behörde. Es ist auch wichtig, die Dokumentation mit der QMS-Struktur und dem CAPA-System abzustimmen.
Qualitätsmanagementsystem (QMS)
Die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems ist für Hersteller unter MDR/IVDR vorgeschrieben. Das QMS sollte mit der regulatorischen Strategie synchronisiert sein und die Kontrolle des Designs, Korrekturmaßnahmen, die Überwachung der Dokumentation und die Bereitschaft zu Audits umfassen.
Zertifizierungs- und Kommerzialisierungsplanung
Eine effektive Strategie sollte eine zeitliche Planung von Maßnahmen wie die Registrierung der UDI, die CE-Kennzeichnung, die Etikettierung, die Auswahl der Benannten Stelle und die Sicherstellung der Verfügbarkeit klinischer Daten umfassen. Die Strategie sollte auch einen Plan für die Meldung an EUDAMED sowie Fristen für die einzelnen Module enthalten. Verzögerungen in einem dieser Punkte bergen das Risiko einer Marktverzögerung.
Regulatorische Änderungen ab 2025 – verpflichtende Strategieaktualisierungen
Die neue Verordnung 2025/1021 führte u. a. ein:
- die Pflicht zur vollständigen Registrierung von Produktdaten in EUDAMED – in als funktional erklärten Modulen,
 - die Pflicht zur Meldung geplanter Lieferunterbrechungen mit sechsmonatigem Vorlauf,
 - bedingte Verlängerung der Übergangsfristen für IVD – unter den Voraussetzungen: QMS, Meldung an die Benannte Stelle, abgeschlossener Zertifizierungsvertrag.
 
Eine Strategie, die die Änderungen von 2025 nicht berücksichtigt, kann dazu führen, dass nach 2027 das Recht zur Inverkehrbringung eines Produkts in der EU verloren geht.
Häufige Fehler bei der Entwicklung einer regulatorischen Strategie
Zu den häufigsten Fehlern bei der Entwicklung einer regulatorischen Strategie gehören:
- fehlende Aktualisierung der Strategie während des Produktlebenszyklus,
 - falsche Produktklassifizierung und Wahl eines ungeeigneten Konformitätsbewertungsverfahrens,
 - Auslassung einer klinischen Datenstrategie oder fehlender PMCF-Plan,
 - verspäteter Kontakt mit der Benannten Stelle,
 - Trennung von QMS-Prozessen und regulatorischer Planung – fehlende Integration.
 
Das Fehlen einer PRRC-Beteiligung und die mangelnde Synchronisierung mit MDCG-Updates erhöhen das Risiko formaler Nichtkonformität und verlängern den Zertifizierungsprozess. Eine regulatorische Strategie ist kein einmaliges Dokument – sie ist ein Instrument des Konformitätsrisikomanagements und ein Schlüsselfaktor für den Markterfolg.
Wie unterstützt Pure Clinical Hersteller bei der Entwicklung einer regulatorischen Strategie?
Das Team von Pure Clinical bietet Unterstützung in folgenden Bereichen:
- Entwicklung einer vollständigen Strategie im Einklang mit MDR/IVDR,
 - Auswahl des Konformitätsverfahrens, Risikobewertung und Erfüllung der GSPR,
 - Audit der technischen Dokumentation und Vertretung in der Kommunikation mit der Benannten Stelle,
 - Erstellung von PMCF-Plänen und Leistungsbewertungsplänen für IVD gemäß MDCG 2020-7 und 2022-2,
 - Überwachung von Gesetzesänderungen und Aktualisierung der Strategie gemäß Verordnung 2025/1021.
 
Dank aktueller Expertise und Erfahrung ermöglicht Pure Clinical eine Verkürzung der Implementierungszeit und reduziert das Risiko formaler Marktzugangshindernisse.