Was ist Biobanking von biologischem Material?

Biobanking bezeichnet systematische, kontrollierte Prozesse im Zusammenhang mit der Entnahme, Kennzeichnung, Lagerung und Bereitstellung biologischer Proben. Dieser Prozess umfasst auch zugeordnete klinische und operationelle Daten – im Einklang mit ISO 20387 und ISO 17025. Proben werden u. a. in klinischen Prüfungen, bei der Validierung von IVD-Tests, im PMCF-Monitoring sowie bei der Entwicklung neuer Medizinprodukte verwendet.

Warum ist Biobanking in klinischen Prüfungen unverzichtbar?

Biobanking ermöglicht vergleichende Analysen, die Überprüfung historischer Daten sowie Langzeitstudien ohne erneute Patientenrekrutierung. Es ist entscheidend für die Leistungsbewertung von IVDs, PMCF-Projekte und Studien zur Unterstützung der klinischen Bewertung eines Produkts. Proben dienen auch der Überprüfung der Wirksamkeit neuer Diagnosetechnologien gemäß IVDR-Anforderungen.

Welche biologischen Proben können biobankiert werden?

  • Vollblut, Serum, Plasma
  • Speichel, Urin, nasopharyngeale Abstriche
  • Gewebematerial (Biopsien, Zytologie)
  • Mononukleäre Zellen, DNA, RNA, Mikrobiom

Die Auswahl des Materials hängt vom Studienprojekt und den Endpunkten ab. Entscheidend ist die Anpassung des Probentyps an den vorgesehenen Einsatz des Medizinprodukts oder des IVD-Tests.

Wie erfolgt die Entnahme und Sicherung von Proben?

Die Entnahme erfolgt auf der Grundlage validierter SOPs durch geschultes medizinisches Personal. Jede Probe wird pseudonymisiert, mit einem Code versehen und im LIMS-System registriert. Die Lagerung in -80°C-Gefriergeräten oder Flüssigstickstofftanks muss ISO 17025-konform sein und Temperaturüberwachung, Notstromversorgung und Zugangssicherung umfassen.

Ethische und rechtliche Anforderungen beim Biobanking

Die Lagerung biologischen Materials erfordert die informierte Einwilligung des Teilnehmers – im Einklang mit GCP, DSGVO sowie den Vorgaben der MDR. Jede Entnahme und Lagerung muss von einer Ethikkommission genehmigt werden, und der Teilnehmer hat das Recht, seine Einwilligung jederzeit zu widerrufen.

Datenschutz und Privatsphäre

Proben werden pseudonymisiert, Identifikationsdaten getrennt gespeichert und nur autorisierten Personen zugänglich gemacht. Das Biobank muss Datenschutzrichtlinien gemäß DSGVO implementieren und die Einhaltung lokaler Gesundheitsvorschriften sicherstellen.

Welche Qualitätsstandards gelten für das Biobanking?

  • ISO 20387 – Standard für Biobank-Infrastrukturen
  • ISO 17025 – Kompetenz von Prüflaboratorien
  • ISO 15189 – Qualität medizinischer Laboratorien
  • ISO 20916 – klinische Leistungsbewertung von IVD am Menschen

Zusätzlich erforderlich sind: Methodenvalidierung, SOPs für Lagerung, Qualitätssicherungssysteme sowie externe und interne Audits.

Arten von Biobanken in klinischen Projekten

  • Akademische – öffentlich finanziert, Unterstützung translationaler Forschung
  • Kommerzielle – Durchführung von industriefinanzierten Studien
  • Krankenhausbasierte – integriert in die klinische Praxis und Labore

Für Studien mit Medizinprodukten und IVD-Tests werden kommerzielle und akademische Biobanken empfohlen, die über ein Qualitätsmanagementsystem verfügen und IVDR/MDR-konform sind.

Risiken des Biobankings und deren Minimierung

  • Degradation von Proben aufgrund instabiler Lagerbedingungen
  • Fehlerhafte Kennzeichnung, fehlende Rückverfolgbarkeit
  • Verletzung der Privatsphäre oder veraltete Einwilligungen

Die Risikominimierung umfasst u. a. die Implementierung von eLIMS, validierten SOPs, Alarmsystemen sowie EQMS-Qualitätsmanagement.

Wann ist Biobanking nicht erforderlich?

Biobanking ist nicht erforderlich in Projekten, in denen kein biologisches Material gesammelt wird (z. B. beobachtende PMCF- oder Umfragestudien). Die Entscheidung über das Biobanking muss in der Projektdokumentation berücksichtigt und in dem Studienprotokoll begründet werden.

Welche Dokumente und Verfahren sind erforderlich?

  • SOPs für Entnahme, Transport und Entsorgung von Proben
  • Einwilligungsformulare mit Angabe des Nutzungsumfangs
  • eLIMS-Systeme zur Probenverwaltung
  • DSGVO-Protokoll und Notfallplan
  • Dokumentation für Benannte Stellen und NCAs

Rechtsvorschriften der EU und USA zum Biobanking

In der EU gelten MDR 2017/745, IVDR 2017/746, DSGVO und EMA-Richtlinien. In den USA unterliegt das Biobanking den Vorschriften der FDA, HIPAA und NIH. In beiden Rechtsordnungen sind erforderlich: informierte Einwilligung, Qualitätssicherung, Einhaltung bioethischer Vorgaben und die Registrierung von Daten in interoperablen Systemen.

Unterstützung durch Pure Clinical im Bereich Biobanking

Pure Clinical bietet umfassende Unterstützung für Sponsoren von klinischen Prüfungen und IVD-Studien im Bereich Planung, Implementierung und Überwachung von Biobanking-Prozessen:

  • Planung von Prozessen im Einklang mit IVDR, MDR und ISO-Normen
  • Erstellung vollständiger Dokumentation (SOP, ICF, LIMS, DSGVO-Protokolle)
  • Auditierung der Infrastruktur und Verfahren nach internationalen Standards
  • Schulungen für Personal, einschließlich Compliance mit EUDAMED und Benannten Stellen
  • Überwachung der Vorbereitung der Biobank auf Inspektionen und Zertifizierungsaudits

Dank der Erfahrung in globalen Projekten gewährleisten wir die rechtliche und operationelle Sicherheit des Biobankings sowie dessen Konformität mit den Anforderungen der EU und der FDA.

FAQ

Ist ein internationaler Austausch biologischer Proben aus einer Biobank möglich, z. B. zwischen der EU und den USA?

Ja, jedoch nur unter strengen Voraussetzungen bezüglich Datenschutz (DSGVO, HIPAA), Bioethik und Transportlogistik. Es ist notwendig, entsprechende Ethikgenehmigungen einzuholen und den Materialtransfer bei den zuständigen Behörden zu melden. Biobanken müssen über <strong>Material Transfer Agreements (MTA)</strong> verfügen, die die Konformität mit IVDR und FDA-Vorschriften sicherstellen.

Welche Bedeutung hat die Interoperabilität von eLIMS-Systemen im Kontext eines Audits durch die Benannte Stelle?

Die Interoperabilität von eLIMS-Systemen ermöglicht Benannten Stellen den direkten Zugriff auf die Probendokumentation: vom Zeitpunkt der Entnahme bis hin zur Analyse und Entsorgung. Fehlende Interoperabilität kann als „Major Finding“ eingestuft werden, insbesondere wenn sie die Nachverfolgbarkeit (Traceability) oder den Echtzeitzugang zu operativen Daten verhindert.

Kann eine Biobank als nicht konform eingestuft werden, wenn sie ausschließlich nationale Normen und nicht ISO anwendet?

Ja – die Konformität mit ISO 20387 und 17025 gilt als internationaler Standard, insbesondere bei der Zertifizierung von IVD-Produkten gemäß IVDR. Eine Biobank, die sich ausschließlich auf nationale Vorschriften stützt, erfüllt möglicherweise nicht die Anforderungen an Interoperabilität und Auditierbarkeit, die von Benannten Stellen verlangt werden. Dies kann zur erneuten Probenentnahme oder zum Ausschluss der Daten aus der Bewertung führen.

Wie kann Biobanking die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz in der Diagnostik unterstützen?

Sammlungen biologischer Proben, die mit präzise beschriebenen klinischen Daten verknüpft sind, schaffen wertvolle Datensätze für das Training von Algorithmen der Künstlichen Intelligenz. Modelle des maschinellen Lernens können an historischen Proben aus Biobanken validiert werden, was die Entwicklung neuer Systeme zur Entscheidungsunterstützung in der Medizin und prädiktiver Tests beschleunigt.