ANVISA – Hauptregulierungsbehörde für Medizinprodukte in Brasilien

ANVISA (Agência Nacional de Vigilância Sanitária) ist die Behörde, die für die Kontrolle und Zulassung von Medizinprodukten auf dem brasilianischen Markt verantwortlich ist. Ihre Aufgaben umfassen die Zulassung von Herstellern und Importeuren, die Registrierung von Produkten sowie die Überprüfung von Qualitätsmanagementsystemen – sowohl im Inland als auch bei ausländischen Herstellern.

Im Kontext von LATAM gelten die Vorschriften der ANVISA als Referenzpunkt. Andere Länder der Region – wie Argentinien, Mexiko oder Kolumbien – orientieren sich oft an der brasilianischen Struktur bei der Entwicklung eigener Vorschriften. Für Hersteller bedeutet dies, dass eine Registrierung in Brasilien den Markteintritt in andere Länder der Region erleichtern kann.

Klassifizierung von Medizinprodukten – Risikoeinstufung nach ANVISA

Das brasilianische System zur Klassifizierung von Medizinprodukten basiert auf vier Risikoklassen:

  • Klasse I – geringes Risiko
  • Klasse II – geringes bis mittleres Risiko
  • Klasse III – mittleres bis hohes Risiko
  • Klasse IV – hohes Risiko

Die Klassifizierung stützt sich auf die in Anhang II der RDC-185/2001 festgelegten Kriterien – insgesamt 18, darunter Verwendungszweck, Invasivität, Kontaktzeit mit dem Körper, Applikationsweg und Folgen einer Fehlfunktion.

Zur Erleichterung des Prozesses erlaubt ANVISA die Bezugnahme auf die europäische Klassifizierung. Ein Beispielvergleich sieht wie folgt aus:

EU (MDR 2017/745) Brasilien (RDC-185/2001)
Klasse I Klasse I
Klasse IIa Klasse II
Klasse IIb Klasse III
Klasse III Klasse IV

Registrierungswege – Anzeige und vollständige Registrierung

ANVISA unterscheidet zwei Hauptwege der Registrierung, abhängig von der Klassifizierung des Produkts:

1. Anzeige (Cadastro)

Gilt für Produkte der Klassen I und II. Das Verfahren basiert auf einer Anzeige bei ANVISA mit einem grundlegenden Dokumentensatz – einschließlich Herstellerdaten, Konformitätserklärung, technischen Beschreibungen, IFU, Etiketten und Übersetzungen. Nach Genehmigung erteilt ANVISA eine Registrierungsnummer und erlaubt die Vermarktung.

2. Registrierung (Registro)

Verpflichtend für Produkte der Klassen III und IV. Erfordert ein vollständiges Konformitätsbewertungsverfahren – einschließlich erweiterter technischer Dokumentation, klinischer Daten (falls erforderlich), Qualitätszertifikaten, Prüfergebnissen und detaillierten Produktionsinformationen. ANVISA prüft die Unterlagen eigenständig und behält sich das Recht vor, Produktionsstätten zu inspizieren.

Die Registrierung umfasst auch die Zulassung des Importeurs, der in Brasilien ansässig sein und über entsprechende Lizenzen verfügen muss – darunter Autorização de Funcionamento (AFE) sowie eine staatliche oder lokale Betriebsgenehmigung.

Spezifika der Registrierung von IVD in Brasilien

IVD unterliegen denselben Klassifizierungsregeln wie Medizinprodukte, doch der Umfang der erforderlichen Dokumentation hängt vom Testtyp, seiner Anwendung und dem diagnostischen Risiko ab. Für Hochrisikotests (z. B. HIV, HCV, COVID-19) sind zusätzliche klinische Daten sowie eine Leistungsvalidierung nach den ANVISA-Leitlinien erforderlich.

Bei Selbsttests oder Heimtests verlangt ANVISA lokale Gebrauchstauglichkeitsstudien sowie eine Bewertung der Informationsmaterialien hinsichtlich Verständlichkeit für Endanwender. Abweichungen bei Etiketten oder IFU von den sprachlichen Anforderungen können die Zulassung um mehrere Monate verzögern.

Registrierung des Herstellers und Anforderungen an den Importeur

Ein ausländischer Hersteller kann ein Produkt nicht direkt bei ANVISA registrieren – dies muss über einen lokalen Importeur erfolgen. Der Importeur muss von ANVISA autorisiert sein, über eine CNPJ-Nummer, eine AFE und eine gültige Betriebsgenehmigung (Alvará) verfügen. Zudem muss er eine Dokumentation gemäß den brasilianischen GDP-Anforderungen führen und Produkte den Inspektionsbehörden zugänglich machen.

Hersteller und Importeur schließen eine Vereinbarung ab, die die Pflichten beider Parteien regelt – einschließlich der Aktualisierung von Unterlagen, Änderungsmanagement und der Abwicklung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Produktsicherheit (PMS, Vigilance).

Wie Pure Clinical bei der Registrierung von MD und IVD in Brasilien und LATAM unterstützt

Das ANVISA-System ist komplex, und Unterschiede zwischen den Produktklassen und Verfahrensanforderungen können zu formalen Fehlern führen. Pure Clinical unterstützt ausländische Unternehmen bei der Durchführung einer vollständigen Registrierung – unter Berücksichtigung der Besonderheiten des brasilianischen Marktes und des weiteren LATAM-Kontextes.

Pure Clinical bietet Unterstützung bei:

  • Analyse der Klassifizierung gemäß RDC-185/2001,
  • Vorbereitung der Unterlagen für Anzeige und Registrierung (Cadastro, Registro),
  • Überprüfung von IFU, Etiketten und Übersetzungen nach ANVISA-Anforderungen,
  • Koordination der Zusammenarbeit mit lokalen Importeuren und Formalisierung von Verträgen,
  • Überwachung des Antragsstatus und Kommunikation mit ANVISA,
  • umfassender Vorbereitung, einschließlich Vorregistrierungsaudit.

Dank Marktkenntnis und Unterstützung durch lokale Partner gewährleisten wir einen reibungslosen Registrierungsprozess – selbst für Hochrisikoprodukte oder innovative IVD.

FAQ

Kann die Registrierung eines Produkts bei ANVISA den Marktzugang in anderen LATAM-Ländern erleichtern?

Ja – einige Länder der LATAM-Region (z. B. Kolumbien, Ecuador, Paraguay) erkennen die brasilianische ANVISA-Registrierung als Nachweis der technischen Erstkonformität an. Obwohl jedes Land über eigene Registrierungsverfahren verfügt, kann die Bezugnahme auf ANVISA den Dokumentationsprüfungsprozess verkürzen, insbesondere für Produkte, die bereits auf dem brasilianischen Markt zugelassen sind.

Was sind typische Ursachen für Verzögerungen bei der Genehmigung von Unterlagen durch ANVISA?

Die häufigsten Ursachen sind die Nichtübereinstimmung von Etiketten und IFU mit den Sprachvorgaben, das Fehlen lokaler Gebrauchstauglichkeitsdaten für Heimtests sowie unzureichende Beschreibungen des Produktionsprozesses in der technischen Dokumentation. Zudem kann mangelnde Koordination zwischen Hersteller und Importeur die Kommunikation mit ANVISA verlangsamen und zum Stillstand des Verfahrens führen.

Akzeptiert ANVISA klinische Daten aus Studien außerhalb Brasiliens?

Ja, jedoch müssen diese den brasilianischen Qualitätsstandards entsprechen und im Kontext der lokalen Zielpopulation dargestellt werden. ANVISA kann zusätzliche Validierungen verlangen, wenn biologische, umweltbedingte oder sprachliche Unterschiede die Gebrauchstauglichkeit oder Sicherheit des Produkts beeinflussen. In einigen Fällen sind ergänzende lokale Studien erforderlich.

Über welche Kompetenzen sollte ein Importeur verfügen, der für ein bei ANVISA registriertes Produkt verantwortlich ist?

Der Importeur muss nicht nur über die erforderlichen Lizenzen (AFE, Alvará) verfügen, sondern auch Erfahrung im Management von ANVISA-konformer Dokumentation, Kenntnisse der GDP sowie die Fähigkeit besitzen, den Hersteller während Inspektionen zu vertreten. Ein idealer Partner ist ein Unternehmen mit Erfahrung in der Betreuung mehrerer Produktkategorien und Kenntnis des öffentlichen Marktes (SUS)