Was ist die IVDR?

Die Verordnung (EU) 2017/746 (IVDR) des Europäischen Parlaments und des Rates ist der grundlegende Rechtsrahmen für Konformitätsbewertung, Zertifizierung und Überwachung von In-vitro-Diagnostika (IVD) in der Europäischen Union. Sie ersetzt die Richtlinie 98/79/EG (IVDD) und trat am 26. Mai 2022 in Kraft. Ziel der IVDR ist die Harmonisierung der Anforderungen in allen EU-Mitgliedstaaten sowie die Erhöhung der Sicherheit von Patienten und Anwendern durch strengere Anforderungen an Qualität, Leistungsfähigkeit und Marktüberwachung von IVD.

IVDR vs. IVDD – zentrale Unterschiede

Im Vergleich zur IVDD führt die IVDR umfassendere und strengere Anforderungen ein. Die wichtigsten Änderungen:

  • Einführung einer risikobasierten Klassifizierung mit vier Klassen: A, B, C, D,
  • verpflichtende analytische und klinische Leistungsbewertung für die meisten Produkte,
  • Pflicht zur Zusammenarbeit mit einer Benannten Stelle (für Klassen B, C, D),
  • Registrierung in EUDAMED und Einführung des UDI-Systems,
  • Pflicht zur Benennung einer für die Regulierung verantwortlichen Person (PRRC).

Klassifizierung von IVD nach IVDR

Die IVDR führt ein risikobasiertes System ein, das auf der Zweckbestimmung und dem potenziellen Einfluss auf die öffentliche Gesundheit beruht. Risikoklassen:

  • Klasse A: geringstes Risiko (z. B. Laborbehältnisse),
  • Klasse B: moderates Risiko (z. B. allgemeine Tests),
  • Klasse C: hohes Risiko (z. B. onkologische Tests),
  • Klasse D: höchstes Risiko (z. B. HIV-, HCV-Tests, Blutuntersuchungen für Transfusionen).

Die Klassifizierung bestimmt das Konformitätsbewertungsverfahren und die Notwendigkeit der Einbindung einer Benannten Stelle.

Zertifizierung von IVD gemäß IVDR

Der Zertifizierungsprozess umfasst:

Für nicht sterile Produkte der Klasse A genügt die Eigenverantwortungserklärung. Für die Klassen B, C und D ist die Beteiligung einer Benannten Stelle verpflichtend.

Anforderungen an die technische IVD-Dokumentation

Die technische Dokumentation sollte enthalten:

  • Beschreibung des Produkts, seiner Funktionsweise und Zweckbestimmung,
  • Ergebnisse der analytischen und klinischen Leistungsbewertung,
  • Risikobewertung und Beurteilung des klinischen Nutzens,
  • Nachweise zur Erfüllung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen,
  • Angaben zu Herstellprozessen und Validierungen,
  • Nachweise zu PMS und PMPF im Rahmen der Überwachung nach dem Inverkehrbringen.

Rolle der PRRC unter der IVDR

Der Hersteller muss eine verantwortliche Person für die Einhaltung der Regulierung (PRRC) benennen. Diese ist verantwortlich für die technische Dokumentation, die Marktüberwachung (PMS) sowie die Prozesse der Leistungsbewertung.

UDI-System für IVD

UDI ist eine eindeutige Produktkennung, die jedem Produkt zugewiesen wird. Sie besteht aus einem Basis- und einem Produktionscode. UDI verbessert die Rückverfolgbarkeit, unterstützt Rückrufprozesse und ist für Produkte der Klassen B–D verpflichtend.

EUDAMED und Registrierung von IVD

EUDAMED ist die europäische Datenbank, die Informationen zu Produkten, Herstellern, Zertifikaten und Vorkommnissen sammelt. Die Registrierung ist verpflichtend und umfasst u. a. die Module UDI, Zertifizierung, Vigilanz und Leistungsstudien.

Pflichten der Hersteller nach IVDR

Der IVD-Hersteller muss:

  • ein Qualitätsmanagementsystem über den gesamten Produktlebenszyklus aufrechterhalten,
  • PMS und PMPF betreiben,
  • Risikomanagement und Leistungsbewertung implementieren,
  • eine vollständige, aktuelle Dokumentation führen,
  • Produkte registrieren und Vorkommnisse gemäß IVDR melden.

Softwarebasierte IVD (SaMD)

Die IVDR erfasst auch softwarebasierte diagnostische Produkte, einschließlich Anwendungen zur Analyse genetischer Daten oder Bildgebung. Erforderlich sind Leistungsbewertung, Risikobeurteilung der Algorithmusfunktionen sowie die Konformität mit Normen (z. B. IEC 62304).

Umsetzungsfahrplan der IVDR

Obwohl die IVDR seit dem 26. Mai 2022 gilt, sind Übergangsfristen für nach IVDD zertifizierte Produkte vorgesehen:

  • Klasse D – bis 26. Mai 2025,
  • Klasse C – bis 26. Mai 2026,
  • Klasse B und sterile Klasse A – bis 26. Mai 2027.

Voraussetzung ist die Einhaltung von PMS, PMPF und die Aktualisierung der Dokumentation.

Wie Pure Clinical bei der IVDR-Konformität unterstützt

Pure Clinical unterstützt Hersteller bei der Vorbereitung auf die IVDR-Konformität durch:

  • Erstellung der technischen Dokumentation,
  • Konzeption von Plänen zur Leistungsbewertung und PMPF,
  • Risikobewertung und PMS-Strategie,
  • Unterstützung in der Kommunikation mit Benannten Stellen und zuständigen Behörden.

Wir verfügen über Erfahrung mit Produkten der Klassen B, C und D, einschließlich molekularer, immunologischer und genetischer Tests sowie SaMD.

FAQ

Für welche IVD ist die Beteiligung einer Benannten Stelle im Zertifizierungsprozess erforderlich?

Für die meisten IVD der Klassen B, C oder D gemäß IVDR ist eine Konformitätsbewertung durch eine <a href="/zertifizierung/benannte-stelle/">Benannte Stelle</a> erforderlich. Ausgenommen sind nur nicht sterile Produkte der Klasse A, die der Selbstzertifizierung unterliegen.

Welche Hauptunterlagen sind im Zertifizierungsprozess eines IVD erforderlich?

Der Hersteller muss eine <a href="/zertifizierung/technische-dokumentation/">technische Dokumentation</a> vorlegen, die Daten aus der <a href="/zertifizierung/ivd-leistungsbewertung/">Leistungsbewertung</a>, eine Risikobewertung, Angaben zu Design und Herstellung, Pläne zur <a href="/zertifizierung/pms/">Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS)</a> sowie PMPF-Pläne und Nachweise zur Erfüllung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen (GSPR) umfasst.

Was geschieht, wenn ein IVDD-Zertifikat abläuft, bevor ein IVDR-Zertifikat vorliegt?

Nach Ablauf des IVDD-Zertifikats darf das Produkt in der EU nicht weiter in Verkehr gebracht werden, sofern kein gültiges IVDR-Zertifikat erteilt wurde. Die Übergangsvorschriften setzen eine lückenlose Zertifizierung voraus, um Versorgungsunterbrechungen zu vermeiden.

Benötigt jedes IVD klinische Studien?

Nicht jedes IVD erfordert neue klinische Studien. Vorliegende klinische und analytische Daten können verwendet werden, sofern sie ausreichend belastbar sind. Eine Leistungsbewertung – einschließlich klinischer Leistungsbewertung – ist jedoch für jedes Produkt verpflichtend.

Unterliegen ausschließlich zu Forschungszwecken verwendete Labortests der IVDR?

Nein. Tests, die ausschließlich zu Forschungszwecken bestimmt sind (RUO – Research Use Only), fallen nicht in den Anwendungsbereich der IVDR, sofern sie nicht für die klinische Diagnostik bestimmt sind oder mit einer solchen Zweckbestimmung vermarktet werden.

Wie häufig ist die technische Dokumentation eines IVD zu aktualisieren?

Die <a href="/zertifizierung/technische-dokumentation/">technische Dokumentation</a> ist regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren – insbesondere bei wesentlichen Designänderungen, neuen Leistungsdaten oder Ergebnissen aus PMS/PMPF.

Müssen alle klinischen Labore die IVDR erfüllen?

Nicht zwingend. Labore, die Eigenentwicklungen (LDT – Laboratory Developed Tests) einsetzen, können gemäß Art. 5(5) IVDR ausgenommen sein, sofern bestimmte institutionelle und risikobezogene Bedingungen erfüllt sind. Kommerzielle Labore müssen die IVDR jedoch vollständig einhalten.

Was ist der Unterschied zwischen PMS und PMPF nach IVDR?

PMS überwacht die tatsächliche Leistung des Produkts unter klinischen Einsatzbedingungen. PMPF ist ein proaktiver, IVD-spezifischer Bestandteil von PMS und dient der systematischen Datenerhebung während der Verwendung des Produkts.