Was sind präklinische Prüfungen von Medizinprodukten?
Präklinische Prüfungen sind eine Reihe experimenteller Untersuchungen unter Laborbedingungen mit dem Ziel, die biologische Sicherheit, die mechanischen, chemischen und funktionalen Eigenschaften eines Produkts vor dessen Anwendung am Menschen nachzuweisen. Im Gegensatz zu klinischen Prüfungen, die mit Patienten durchgeführt werden, erfolgen präklinische Studien in vitro oder in vivo (an Tiermodellen), um Daten gemäß den Anforderungen der MDR (2017/745) und IVDR (2017/746) zu generieren.
Die Ergebnisse präklinischer Prüfungen sind ein zentrales Element der Technischen Dokumentation und bilden die Grundlage der Risikobewertung. Sie sind zudem die Basis für die weitere klinische Bewertung oder Leistungsbewertung des Produkts. Gemäß MDR/IVDR besteht die Pflicht zur Durchführung präklinischer Prüfungen für alle Medizinprodukte und IVD, mit Ausnahme bestimmter Produkte der Klasse I ohne Messfunktion oder Sterilitätsanforderung.
Umfang präklinischer Prüfungen von Medizinprodukten
Der Umfang präklinischer Prüfungen sollte an die spezifischen Eigenschaften des Produkts, seine vorgesehene klinische Anwendung und die Risikoklasse angepasst werden. Geltende Normen und Leitlinien schreiben die Berücksichtigung biologischer, physikalischer und chemischer Aspekte vor.
- Biokompatibilitätsprüfung gemäß ISO-10993-Normenreihe,
 - Mechanische Prüfungen – Festigkeit, Schadenstoleranz und Materialermüdung,
 - Chemische und toxikologische Tests – chemische Zusammensetzung, Stoffmigration, Prozessrückstände,
 - Funktionale Tests – Simulation klinischer Einsatzbedingungen,
 - Validierung von Sterilisationsverfahren,
 - Prüfung der Verpackungsintegrität, insbesondere bei sterilen Produkten.
 
Biokompatibilität von Medizinprodukten – ISO 10993
Biokompatibilitätsprüfungen sind die Grundlage der biologischen Risikobewertung. Sie werden nach ISO 10993 durchgeführt und richten sich nach der Art des Körperkontakts, der Anwendungsdauer, dem Ort der Anwendung sowie den verwendeten Materialien.
- ISO 10993-5 – Zytotoxizität,
 - ISO 10993-10 – Reizwirkung und Sensibilisierung,
 - ISO 10993-11 – lokale und systemische Toxizität,
 - ISO 10993-3 – Mutagenität und Kanzerogenität.
 
Der Prüfungsumfang muss jeweils durch eine Risikobewertung sowie, wenn möglich, durch Literaturdaten und Materialinformationen begründet werden.
Mechanische und funktionale Prüfungen von Produkten
Mechanische Prüfungen dienen der Überprüfung der Widerstandsfähigkeit eines Produkts gegenüber Kräften, die während der Anwendung auftreten können. Bei Implantaten, Endoprothesen oder chirurgischen Instrumenten werden u. a. Ermüdungsfestigkeit, Bruchresistenz, Steifigkeit und Verformung unter Last untersucht.
Funktionale Prüfungen simulieren reale klinische Bedingungen im Labor und zeigen, ob das Produkt seine vorgesehene Funktion erfüllt. Dazu gehören etwa Durchfluss-, Blockade- und Dichtigkeitstests sowie Kompatibilitätsprüfungen mit anderen Geräten oder Systemen.
Validierung sicherheitsrelevanter Herstellungsprozesse
Präklinische Prüfungen umfassen auch die Validierung sicherheitsrelevanter Produktionsprozesse, insbesondere:
- Sterilisationsvalidierung – gemäß ISO 11135 (ETO), ISO 17665 (Dampf) oder ISO 11137 (Strahlung),
 - Verpackungsintegritätsprüfung – gemäß ISO 11607,
 - Analyse von chemischen Rückständen, Endotoxinen und Prozesssubstanzen.
 
Die Wirksamkeit dieser Prozesse muss in der Technischen Dokumentation nachgewiesen und ihre Reproduzierbarkeit durch Qualitätssicherungsmaßnahmen bestätigt werden.
Anforderungen der MDR und IVDR an präklinische Daten
Die MDR und IVDR schreiben die Vorlage präklinischer Daten als Nachweis der Konformität mit den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen vor. Diese Daten müssen detailliert dokumentiert und mit der klinischen Bewertung sowie der Risikobewertung verknüpft werden.
- Beschreibung der angewandten Methoden und Ergebnisse,
 - Angabe der verwendeten Normen und Begründung ihrer Auswahl,
 - Verknüpfung der Ergebnisse mit den grundlegenden Anforderungen sowie der Sicherheits- und Leistungsbewertung des Produkts.
 
Unterschiede zwischen präklinischen und klinischen Prüfungen
Präklinische Prüfungen erfolgen vor der ersten Anwendung am Menschen und sollen die Sicherheit anhand von Labordaten belegen. Sie umfassen sowohl biologische als auch physikalisch-chemische Tests. Klinische Prüfungen hingegen werden mit Patienten durchgeführt und bewerten die Leistung des Produkts in der medizinischen Praxis.
Nach MDR können die Ergebnisse präklinischer Prüfungen als Grundlage für eine Befreiung von klinischen Prüfungen dienen, wenn das Produkt gut charakterisiert ist, auf bekannten Materialien basiert und keine neuen Risiken birgt.
Bedeutung präklinischer Prüfungen für die Technische Dokumentation
Präklinische Daten sind ein wesentlicher Bestandteil der Technischen Dokumentation und werden im Rahmen von Anhang II MDR/IVDR gefordert. Sie müssen eindeutig mit anderen Dokumentationselementen verknüpft werden – einschließlich Risikobewertung, klinischer Bewertung und angewandten harmonisierten Normen.
- Beschreibung der Konstruktion und des vorgesehenen Verwendungszwecks,
 - Analyse der Konformität mit den grundlegenden Anforderungen,
 - Grundlage für die Definition von Parametern der Marktüberwachung (PMS, PMCF/PMPF),
 - Basis für die Bewertung durch die Benannte Stelle im Zertifizierungsverfahren.
 
Rolle von Pure Clinical bei der Durchführung präklinischer Prüfungen
Pure Clinical unterstützt Hersteller von Medizinprodukten und IVD bei der Planung, Koordination und Dokumentation präklinischer Prüfungen gemäß den aktuellen Anforderungen der MDR und IVDR. Unsere Leistungen umfassen:
- Risikobewertung und Auswahl geeigneter präklinischer Prüfungen,
 - Erstellung von Prüfplänen gemäß geltenden Normen,
 - Kooperation mit akkreditierten Laboren und Überwachung der Prüfungsdurchführung,
 - Erstellung von Ergebnisberichten für die Technische Dokumentation.
 
Wir unterstützen Hersteller von Produkten der Klasse I ebenso wie komplexe Produkte der Klasse III, Implantate, sterile Systeme und IVD. Unser Ziel ist es, den Zertifizierungsprozess effizient zu gestalten und Fehler sowie Verzögerungen in der Konformitätsbewertung zu vermeiden.