Was ist ein Voraudit im Qualitätsmanagementsystem?

Ein Voraudit, auch Vorauditierung oder Pre-Audit genannt, ist eine unabhängige Bewertung des Qualitätsmanagementsystems, die vor der Einreichung des Antrags auf Zertifizierung nach ISO 13485 und MDR durchgeführt wird. Ziel des Voraudits ist nicht die Ausstellung eines Zertifikats, sondern die Überprüfung der Bereitschaft der Organisation für das Audit durch die Zertifizierungsstelle.

Das Voraudit ersetzt kein internes Audit – seine Funktion ist die umfassende Überprüfung der Konformität des Systems mit MDR, IVDR und normativen Anforderungen. Es bietet den größten Nutzen in der Endphase der Implementierung des Qualitätsmanagementsystems, wenn die Organisation eine unabhängige Verifizierung der Vollständigkeit der Dokumentation, der Konformität der Verfahren sowie des Bewusstseins des Teams benötigt.

Hauptziele des Voraudits

Ein Voraudit ermöglicht die Identifizierung von Lücken im Qualitätsmanagementsystem und verhindert deren Aufdeckung während der Zertifizierung. Es handelt sich um ein diagnostisches Instrument, das hilft:

  • die Konformität mit ISO 13485 und MDR/IVDR zu bewerten,
  • Bereiche zu identifizieren, die nicht den Anforderungen der Benannten Stellen entsprechen,
  • Korrekturmaßnahmen vor dem offiziellen Audit zu entwickeln,
  • den Vorbereitungsgrad der Organisation für die externe Bewertung zu erhöhen,
  • die Mitarbeitenden in die abschließende Überprüfung des QMS vor der Zertifizierung einzubeziehen.

Bedeutung des Voraudits für die MDR-Konformität

Gemäß der MDR ist der Hersteller verpflichtet, ein QMS einzurichten und aufrechtzuerhalten, das Risikomanagement, PMS, technische Dokumentation und Änderungsmanagement umfasst. Das Voraudit ermöglicht die Überprüfung, ob zentrale Bereiche – wie Lieferantenbewertung oder Aktivitäten nach dem Inverkehrbringen – ordnungsgemäß in das Qualitätsmanagementsystem integriert wurden.

Umfang des Voraudits

Das Audit sollte alle Elemente umfassen, die von der Benannten Stelle bewertet werden. Der Schwerpunkt liegt auf:

  1. Vollständigkeit der Systemdokumentation und deren Übereinstimmung mit den Anforderungen der ISO 13485,
  2. Design-, Produktions- und Validierungsprozessen,
  3. Risikomanagement gemäß ISO 14971,
  4. Konformitätsbewertung und PMS,
  5. Schulungen und Kompetenzen des Personals,
  6. Zusammenarbeit mit Lieferanten und Unterauftragnehmern,
  7. Kohärenz zwischen Verfahren und tatsächlicher Umsetzung in der Organisation.

Ablauf des Voraudits

Ein typisches Voraudit besteht aus sechs Phasen:

  1. Festlegung von Umfang und Zielen des Audits,
  2. Analyse der QMS-Dokumentation,
  3. Überprüfung der Prozesskonformität mit den Verfahren,
  4. Bewertung der Umsetzung normativer und regulatorischer Anforderungen,
  5. Berichterstattung über Nichtkonformitäten und Verbesserungsbereiche,
  6. Überwachung der Umsetzung von Korrekturmaßnahmen vor dem Zertifizierungsaudit.

Bericht und Dokumentation des Voraudits

Die Dokumentation des Voraudits umfasst:

  • Checklisten, die an ISO 13485 und MDR angepasst sind,
  • Zusammenstellung und Klassifizierung der Nichtkonformitäten,
  • Empfehlungen für Korrekturmaßnahmen,
  • Schlussfolgerungen mit einer Bewertung der Auditbereitschaft.

Der Auditbericht sollte von der Geschäftsleitung genehmigt werden, und die Korrekturmaßnahmen müssen bis zu ihrer vollständigen Umsetzung überwacht werden.

Häufigkeit und Planung des Voraudits

Das Voraudit wird einmalig – unmittelbar vor der Systemzertifizierung – durchgeführt. Es ist wichtig, es früh genug zu planen, um die Umsetzung von Korrekturmaßnahmen und deren wirksame Bestätigung in der Praxis zu ermöglichen.

Vorteile des Voraudits für die Organisation

Das Voraudit ermöglicht:

  • die Vermeidung von Nichtkonformitäten im Zertifizierungsaudit,
  • die Überprüfung der Kohärenz des QMS mit den Anforderungen der Benannten Stellen,
  • die Stärkung des Engagements des Teams und die Strukturierung der Maßnahmen,
  • die Verkürzung der Vorbereitungszeit auf die Zertifizierung.

Häufigste Fehler und Best Practices bei Voraudits

Zu den häufigsten Problemen bei Voraudits gehören:

  • mangelnde Vorbereitung oder unzureichende Kompetenz der Auditoren,
  • unzureichend definierter Auditumfang,
  • zu allgemeine oder ungeeignete Checklisten,
  • zu kurze Zeitspanne zwischen Voraudit und Zertifizierungsaudit,
  • vollständiges Auslassen des Voraudits – was zu schwerwiegenden Nichtkonformitäten während des eigentlichen Audits führen kann.

Best Practices umfassen unter anderem die Einbindung eines externen Auditors mit Erfahrung in Zertifizierungsaudits, den Einsatz von Checklisten, die an die Anforderungen der ISO 13485 und MDR angepasst sind, sowie die Sicherstellung ausreichender Zeit zur Umsetzung von Änderungen vor dem eigentlichen Audit.

Wie unterstützt Pure Clinical bei der Durchführung von Voraudits?

Pure Clinical bietet einen umfassenden Voraudit-Service für Organisationen, die ein Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 13485 und MDR implementieren. Wir bieten:

  • Erstellung eines Auditplans, der an die Produktklasse angepasst ist,
  • Analyse der Konformität von Prozessen, Dokumenten und Maßnahmen,
  • Empfehlungen und Korrekturmaßnahmen,
  • Überwachung der Umsetzung von Änderungen vor dem Zertifizierungsaudit.

Unser Ansatz basiert auf praktischer Erfahrung, den aktuellen Anforderungen der Benannten Stellen und einem vollständigen Verständnis der Anforderungen von MDR und ISO 13485. Die Zusammenarbeit mit Pure Clinical garantiert, dass das Zertifizierungsaudit keine unangenehmen Überraschungen bringt.

FAQ

Kann ein Voraudit als internes Audit gemäß ISO 13485 anerkannt werden?

Nein. Ein Voraudit erfüllt nicht die Funktion eines formalen internen Audits, da sein Ziel die externe Bewertung der Zertifizierungsbereitschaft ist und nicht die systematische, geplante Kontrolle der Konformität durch die Organisation selbst. ISO 13485 verlangt einen unabhängigen Prozess interner Audits gemäß dem Jahresplan.

Welche Qualifikationen sollte ein Auditor für ein Voraudit besitzen?

Der Auditor sollte Erfahrung in der Durchführung von Audits nach ISO 13485 haben, die Anforderungen von MDR und IVDR kennen sowie die Auditpraxis nach ISO 19011 beherrschen. Erfahrungen aus Audits Benannter Stellen sind besonders wertvoll, da sie die Relevanz und den Nutzen der Empfehlungen erhöhen.

Ist ein Voraudit auch für Produkte der Klasse I sinnvoll?

Ja. Auch wenn Produkte der Klasse I häufig keine Beteiligung einer Benannten Stelle erfordern, kann ein Voraudit die Reife des Qualitätsmanagementsystems erheblich steigern, die Organisation auf Inspektionen durch Marktaufsichtsbehörden vorbereiten und das Risiko von Dokumentations- und Verfahrensfehlern verringern – insbesondere bei einer späteren Erweiterung des Portfolios um höherklassige Produkte.

Wie lange vor dem geplanten Zertifizierungsaudit sollte ein Voraudit durchgeführt werden?

Es wird empfohlen, das Voraudit mindestens 6–8 Wochen vor der geplanten Zertifizierung durchzuführen. Dieser Zeitraum ermöglicht die Umsetzung von Korrekturmaßnahmen, deren erneute Wirksamkeitsprüfung sowie die Sammlung von Nachweisen für das Zertifizierungsaudit.