Was ist Vigilance im Kontext der MDR und IVDR?
Vigilance ist ein Überwachungssystem zur Kontrolle der Sicherheit von Medizinprodukten und IVD nach deren Inverkehrbringen. Es umfasst die Erkennung, Analyse, Meldung und Dokumentation schwerwiegender Vorkommnisse sowie die Umsetzung von Korrekturmaßnahmen (FSCA), um eine Wiederholung zu verhindern. Das Vigilance-System ist für alle Akteure der Lieferkette verpflichtend: Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure und Distributoren.
Welche Ereignisse sind meldepflichtig?
Gemäß Art. 87 MDR und Art. 82 IVDR müssen gemeldet werden:
- Schwerwiegende Vorkommnisse – jedes Ereignis, das zum Tod, einer Lebensgefahr oder einer dauerhaften Verschlechterung des Gesundheitszustands geführt hat oder hätte führen können, einschließlich fehlerhafter IVD-Ergebnisse.
- Field Safety Corrective Actions (FSCA) – technische oder organisatorische Maßnahmen, die nach dem Inverkehrbringen umgesetzt werden, um Risiken für Anwender oder Patienten zu verringern.
Meldungen erfolgen an die zuständige Behörde im jeweiligen Mitgliedstaat und gemäß Art. 92 MDR an das EUDAMED-System.
Die Rolle der PRRC im Vigilance-System
Die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person (PRRC) überwacht nach Art. 15 MDR/IVDR die Korrektheit und Vollständigkeit der Meldungen, deren Übereinstimmung mit der technischen Dokumentation und der Risikobewertung sowie die Integration in das Qualitätsmanagementsystem. Sie ist außerdem für die fristgerechte Kommunikation mit Behörden und der Benannten Stelle verantwortlich.
Fristen und Datenstruktur für Meldungen
Fristen laut MDCG 2023-3:
- Erstmeldung innerhalb von 2 Arbeitstagen – bei ernsthafter Gefahr für die öffentliche Gesundheit,
- Meldung innerhalb von 10 Arbeitstagen – bei Standardvorkommnissen,
- Abschlussbericht – nach Beendigung der internen Untersuchung.
Jede Meldung muss u. a. enthalten: SRN-Nummer, Produktdaten (UDI-DI, Typ, Seriennummer), Beschreibung des Vorfalls, Kontaktdaten, Ursachenanalyse und FSCA-Plan.
Pflichten des Herstellers im Vigilance-System
Der Hersteller ist verantwortlich für die vollständige Umsetzung von Vigilance, einschließlich:
- Verfahren zur Analyse von Vorkommnissen und zur Meldung von FSCA,
- Register schwerwiegender Vorkommnisse und Kundenbeschwerden,
- CAPA-Plan (Corrective and Preventive Actions),
- Überwachung der Wirksamkeit der Korrekturmaßnahmen,
- Integration in ISO 13485 und ISO 14971.
Verknüpfung von Vigilance mit PMS, PMCF und PSUR
Daten aus Vigilance müssen analysiert werden im Rahmen von:
- PMS-Plan – gemäß Anhang III MDR/IVDR,
- PMCF-Plan (für MD) oder PMPF-Plan (für IVD),
- PSUR (Periodic Safety Update Report) – für Produkte der Klassen IIa, IIb, III sowie IVD C und D.
Ein fehlender Abgleich von Vigilance mit PMS führt zu Inkonsistenzen, die bei Audits aufgezeigt werden.
Vigilance – Pflichten des Bevollmächtigten, Importeurs und Distributors
- Bevollmächtigter – arbeitet mit Behörden zusammen, bewahrt Meldungen 10 Jahre lang auf und leitet Informationen an den Hersteller weiter.
- Importeur – informiert den Hersteller unverzüglich über Vorkommnisse und bewahrt Dokumente gemäß MDR auf.
- Distributor – informiert den Hersteller über Kundenmeldungen und Verdachtsfälle von Nichtkonformität.
Unterlassene Reaktionen oder Meldungen können mit bis zu 5.000.000 PLN gemäß dem polnischen Medizinproduktegesetz geahndet werden.
Vigilance und EUDAMED – neue Pflichten ab 2026
Gemäß Verordnung 2025/1021:
- Meldungen zu Vorkommnissen und FSCA müssen verpflichtend über EUDAMED erfolgen,
- XML-Formate und Integration mit SRN sind vorgeschrieben,
- Berichte müssen standardisiert und zur öffentlichen Veröffentlichung vorbereitet sein.
Eine fehlende EUDAMED-Bereitschaft kann die Erfüllung von Art. 92 MDR und 82 IVDR unmöglich machen.
Obligatorische Dokumentation im Rahmen von Vigilance
Empfohlene Dokumentensätze:
- Verfahren zur Meldung von Vorkommnissen und FSCA,
- Meldeformulare gemäß MDCG 2023-3,
- Register für FSCA und CAPA,
- Kommunikationsberichte mit URPL und Benannter Stelle,
- Integration mit PMS, PMCF/PMPF und PSUR.
Häufige Mängel und deren Folgen
- fehlende aktuelle Verfahren zur Vorfallmeldung,
- Nichteinhaltung der 2-/10-Tage-Fristen,
- unwirksame CAPA-Maßnahmen,
- fehlende Verknüpfung mit PMS und PMCF,
- keine Analyse der Anwenderberichte.
Diese Mängel werden bei MDR/IVDR-Audits als schwerwiegende Nichtkonformitäten eingestuft.
Wie unterstützt Pure Clinical Hersteller im Bereich Vigilance?
Pure Clinical bietet Unterstützung bei der Analyse von Vorkommnissen, FSCA-Dokumentation und MDR/IVDR-Konformität:
- Erstellung von Vigilance-Verfahren und Formularen nach MDCG,
- Schulungen für RA/QA-Teams zur Vorfallbewertung und CAPA,
- Integration von Vigilance in das Qualitäts- und Risikomanagementsystem,
- Unterstützung bei PSUR, PMCF, FSCA und Meldungen an EUDAMED,
- Vorbereitung auf Audits durch Benannte Stellen und URPL-Kontrollen.