Definition einer wesentlichen Änderung

Die Definition einer wesentlichen Änderung des Designs oder des vorgesehenen Verwendungszwecks besteht aus zwei kumulativen Elementen:

  • Es liegt eine Änderung im Design oder im vorgesehenen Verwendungszweck vor, und
  • die Änderung ist erheblich.

Dieser Begriff ist in der MDR nicht definiert, daher müssen Hersteller auf die Definition in MDCG 2020-3 rev.1 zurückgreifen.

Alle Änderungen, die keinen Einfluss auf das Design oder den vorgesehenen Verwendungszweck des Produkts haben, fallen nicht in den Geltungsbereich der MDR. Ebenso fallen Änderungen, die das Design oder den Verwendungszweck betreffen, nur dann in den Geltungsbereich der MDR, wenn sie als „wesentlich“ eingestuft werden. Änderungen zur Erfüllung anderer EU-Vorschriften fallen ebenfalls nicht unter die MDR, selbst wenn sie Änderungen am Design betreffen – vorausgesetzt, sie haben keinen negativen Einfluss auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Produkts.

Bedeutung der Bewertung wesentlicher Änderungen im Rahmen der Aufrechterhaltung der regulatorischen Konformität

Die Bewertung einer wesentlichen Änderung ist ein zentrales Element des Konformitätsmanagements von Medizinprodukten im Rahmen der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR). Eine korrekte Klassifizierung der Änderungen ermöglicht die Feststellung, ob eine erneute Konformitätsbewertung durch die Benannte Stelle erforderlich ist, und stellt damit die kontinuierliche Marktzulassung des Produkts sicher.

Eine fehlerhafte Bewertung kann zum Verlust der Gültigkeit des Zertifikats, zu Verstößen gegen geltende Vorschriften sowie zum Risiko der Marktrücknahme führen.

Wesentliche Änderung und Übergangsvorschriften der MDR

Die Novellierung von Art. 120 MDR führte Übergangsfristen für Produkte mit MDD-/AIMDD-Zertifikaten ein. Für Produkte der Klasse III und implantierbare Produkte der Klasse IIb gilt eine Frist bis 31.12.2027, für die übrigen Produkte bis 31.12.2028.

Der Hersteller muss nachweisen, dass keine wesentlichen Änderungen im Design und im Verwendungszweck vorgenommen wurden, die Qualitätsanforderungen erfüllt sind, ein Vertrag mit einer Benannten Stelle besteht und keine unzulässigen Risiken für Patienten vorliegen.

Wer sollte bestimmen, ob eine Änderung bei einem Medizinprodukt wesentlich ist?

Der Hersteller analysiert die Auswirkungen der Änderung auf Design und Verwendungszweck. Bei Produkten außer der Klasse I muss die Änderung der Benannten Stelle mit einer Begründung der Klassifizierung gemeldet werden.

Phasen der Änderungsbewertung

  1. Identifizierung der Änderung – Umfang, Art, Auswirkungen auf Sicherheit/Wirksamkeit.
  2. Auswirkungsanalyse – Funktionalität, MDR-Konformität, Überprüfung der Technischen Dokumentation.
  3. Klassifizierung – Abgleich mit MDCG 2020-3, Dokumentation der Begründung.
  4. Verifizierung – Meldung und Bewertung durch die Benannte Stelle.
  5. Umsetzung – Aktualisierung der Dokumentation, neue Prüfungen, Konformitätsbewertung.

Rolle der Benannten Stelle bei der Bewertung wesentlicher Änderungen

Während der Übergangsphase beurteilt die Benannte Stelle, ob eine Änderung das Design oder den Verwendungszweck beeinflusst. Ist dies nicht der Fall, bleibt das MDD-/AIMDD-Zertifikat gültig. Andernfalls kann eine erneute Konformitätsbewertung nach MDR erforderlich sein.

Welche Maßnahmen sind im Rahmen einer wesentlichen Änderung erforderlich?

Hersteller sollten ihre Verfahren zum Änderungsmanagement aktualisieren, einschließlich Lebenszyklusverfahren, Überwachung und Meldung von Änderungen an die Benannte Stelle. Änderungen sind jeweils individuell zu bewerten, auch wenn sie Beispielen aus MDCG 2020-3 rev.1 ähneln.

Folgen der Nichteinhaltung der MDR-Anforderungen

Fehlerhaftes Änderungsmanagement kann führen zu:

  • Verlust der CE-Zertifizierung,
  • Marktrücknahme des Produkts in der EU,
  • verwaltungstechnischen Strafen und rechtlichen Sanktionen,
  • Reputationsverlust und notwendiger Einführung von CAPA-Maßnahmen.

Änderung des Herstellers oder des Bevollmächtigten und Wesentlichkeit der Änderung

Eine Änderung des Zertifikatsinhabers, des Herstellers oder des EU-Bevollmächtigten kann die Zustimmung der Benannten Stelle erfordern. Hersteller müssen aktualisierte Registrierungsdaten, juristische Dokumente vorlegen und die Kontinuität der Produktverantwortung sicherstellen.

Änderungen im Herstellungsprozess und wesentliche Änderung

Änderungen des Produktionsprozesses, wie Standortwechsel, Lieferantenwechsel oder Änderung der Herstellungsmethoden, können die Sicherheit und Wirksamkeit des Produkts beeinflussen. Beeinträchtigen sie die Konformität mit den grundlegenden MDR-Anforderungen, sind sie der Benannten Stelle zu melden.

Dokumentation zum Nachweis der Nicht-Wesentlichkeit einer Änderung

Der Hersteller sollte ein Dokument erstellen, das die Nicht-Wesentlichkeit der Änderung begründet (z. B. Justification Memo), die Änderung im Änderungsregister vermerken und den Einfluss auf die Risikobewertung und Produktwirksamkeit dokumentieren.

Auswirkungen wesentlicher Änderungen auf UDI und EUDAMED

Wesentliche Änderungen können eine Aktualisierung der UDI-DI-Nummer sowie der Einträge in EUDAMED erfordern. Das Unterlassen der Datenaktualisierung kann zu Sanktionen der zuständigen Behörden und zum Verlust der Inverkehrbringungsgenehmigung führen.

Wie kann Pure Clinical bei der Bewertung wesentlicher Änderungen unterstützen?

Pure Clinical unterstützt Hersteller bei:

  • der Bewertung von Änderungen im Hinblick auf MDR-Konformität,
  • der Erstellung der Technischen Dokumentation und der Änderungsbegründungen,
  • der Kommunikation mit der Benannten Stelle,
  • der Integration des Änderungsprozesses in das Qualitätsmanagementsystem.

Unsere Unterstützung umfasst Produkte, die unter MDD, AIMDD und MDR fallen, einschließlich Änderungen bei Legacy-Produkten.

FAQ

Muss jedes Unternehmen mit einer Benannten Stelle zusammenarbeiten?

Nein, nur Hersteller von Medizinprodukten der Klassen IIa, IIb, III sowie von komplexen Produkten wie Systemen und Behandlungssätzen müssen mit einer Benannten Stelle zusammenarbeiten. Für Medizinprodukte der Klasse I ohne Messfunktion kann der Hersteller die Konformitätsbewertung eigenständig durchführen.

Welche Konsequenzen hat die falsche Wahl der Benannten Stelle?

Die falsche Wahl der Benannten Stelle kann zu Verzögerungen im Zertifizierungsprozess sowie zum Risiko der Nichtkonformität mit den MDR-/IVDR-Vorschriften führen. Dies kann den Verlust des CE-Zertifikats zur Folge haben, wodurch der Vertrieb der Produkte auf dem EU-Markt unmöglich wird.

Welche Änderungen an Medizinprodukten müssen der Benannten Stelle gemeldet werden?

Der Benannten Stelle müssen Änderungen gemeldet werden, die das Design, den Verwendungszweck oder die Sicherheit des Produkts betreffen. Dazu gehören beispielsweise Änderungen der Materialien, ein Standortwechsel der Produktion, der Wechsel von Lieferanten wesentlicher Komponenten oder Modifikationen der Steuerungssoftware.