Was sind klinische Prüfungen von Medizinprodukten?
Klinische Prüfungen von Medizinprodukten sind ein organisierter wissenschaftlicher Prozess mit Beteiligung von Menschen, der darauf abzielt, die Sicherheit, Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit eines Produkts unter realen klinischen Bedingungen zu bestätigen. Gemäß MDR 2017/745 werden sie als „klinische Prüfung“ (engl. clinical investigation) bezeichnet und sind ein integraler Bestandteil der klinischen Bewertung, die für die Erlangung der CE-Kennzeichnung erforderlich ist. Diese Verpflichtung gilt insbesondere für innovative Produkte sowie für Produkte höherer Risikoklassen.
Warum sind klinische Prüfungen erforderlich?
Der Nachweis der Sicherheit und Wirksamkeit eines Produkts anhand klinischer Daten ist eine zentrale Voraussetzung für die Zertifizierung nach MDR. Diese Daten bilden nicht nur die Grundlage für die Marktzulassung, sondern auch für die weitere Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS) und PMCF. Klinische Prüfungen sind zudem eine wichtige Quelle für Nachweise in der technischen Dokumentation und der klinischen Bewertung und fließen in PSUR-Berichte ein.
Arten klinischer Prüfungen von Medizinprodukten
Je nach Zielsetzung und Entwicklungsphase des Produkts werden folgende Arten von klinischen Prüfungen unterschieden:
- Wirksamkeits- und Sicherheitsstudien – zum Nachweis der beabsichtigten Verwendung und zur Bewertung des Risikoprofils.
- Machbarkeitsstudien – deren Planung auf der Machbarkeitsanalyse basiert, die Patientenverfügbarkeit, Studienzentren und Ressourcen berücksichtigt.
- IVD-Leistungsstudien – gemäß den Leitlinien für Leistungsstudien von IVD-Produkten, die sich auf diagnostische Parameter wie Sensitivität und Spezifität konzentrieren.
- PMCF-Studien – durchgeführt nach der Marktzulassung als Teil der PMCF-Überwachung.
Rolle von Sponsor, Prüfer und CRO
Sponsor ist die für Planung, Finanzierung, Durchführung und Überwachung der klinischen Prüfung verantwortliche Stelle – in der Regel der Hersteller. Der Prüfer leitet die Prüfung in einem bestimmten Zentrum und ist für die Patientensicherheit verantwortlich. Eine CRO (Contract Research Organization) ist ein externer Partner, dem der Sponsor operative Aufgaben wie Monitoring, Audits oder Datenmanagement übertragen kann. Der Umfang der Delegation muss gemäß ISO 14155 dokumentiert werden.
Planung der klinischen Prüfung
Die Planung einer Prüfung beginnt mit der Erstellung des Prüfprotokolls, das Ein- und Ausschlusskriterien, Endpunkte, die statistische Analyse-Strategie und den Zeitplan enthält. Das Design muss die Anforderungen an das Design klinischer Prüfungen berücksichtigen, einschließlich der Definition von Endpunkten, Populationen und Analysemethoden.
Studienregistrierung und EUDAMED
Jede klinische Prüfung muss im System EUDAMED registriert und bei der nationalen Aufsichtsbehörde gemeldet werden (in Polen – URPL). Erforderliche Unterlagen sind u.a. Protokoll, Prüferbroschüre, Risikomanagementplan, Einwilligungsformulare und Haftpflichtversicherung. Der Beginn der Studie ist erst nach Genehmigung durch die Ethikkommission und Ablauf der Einspruchsfrist der Behörde möglich.
Auswahl des Prüfungszentrums und Audit
Die Auswahl des Zentrums basiert auf der Analyse der Erfahrung des Teams, der Patientenverfügbarkeit und der GCP-Konformität. Vor der Einbindung muss ein Qualifizierungsaudit durchgeführt werden, um Infrastruktur, Personal, Dokumentationssysteme und die Konformität mit ISO 14155 zu prüfen. Die Auswahl muss den GCP-Grundsätzen und den Anforderungen an Prüfungszentren entsprechen – unter Berücksichtigung von Personalressourcen und Infrastruktur.
Qualifikationen der Prüfer
Prüfer müssen über die erforderlichen beruflichen Qualifikationen sowie eine aktuelle GCP-Schulung verfügen. Schulungs- und Zertifikatsunterlagen sind vom Sponsor aufzubewahren und vor Beginn der Prüfung zu überprüfen.
Durchführung der klinischen Prüfung
Die Durchführung umfasst u.a. die Rekrutierung von Patienten, die Durchführung von Visiten, die Überwachung der Protokolleinhaltung sowie das Datenmanagement mit EDC-Systemen. Datenintegrität, Patientenschutz und Analyse unerwünschter Ereignisse werden vom Sponsor und der CRO überwacht. Ein Schlüsselelement der Qualitätsüberwachung ist das Monitoring der Protokollkonformität, das gemäß GCP, MDR und ISO 14155 erfolgt und u.a. Monitoring-Besuche, Source Data Verification und Abweichungsberichte umfasst.
Meldung von Vorfällen und Korrekturmaßnahmen
Bei schwerwiegenden Vorfällen (SAE/SUSAR) ist der Sponsor verpflichtet, das Ereignis innerhalb von 7 Tagen an die Aufsichtsbehörden zu melden (gemäß MDR Art. 80). Parallel dazu sind Korrekturmaßnahmen (CAPA) einzuleiten, was eine Aktualisierung des Protokolls oder der Einwilligungsformulare erforderlich machen kann.
Statistische Analyse
Die Ergebnisse klinischer Prüfungen werden auf Grundlage der statistischen Analyse bewertet, deren Methodik im zuvor definierten SAP (Statistical Analysis Plan) festgelegt ist. Die Auswahl geeigneter Analysemethoden, die Festlegung der Analysepopulation (z.B. FAS – Full Analysis Set, PPS – Per Protocol Set, SAF – Safety Analysis Set) sowie der Umgang mit fehlenden Daten beeinflussen direkt die Validität und Interpretierbarkeit der Ergebnisse. Die Analyse muss gemäß ISO 14155 und den MDR-Anforderungen zur Datenkonsistenz durchgeführt werden.
Erstellung der Studiendokumentation
Die Studiendokumentation umfasst: Protokoll, Einwilligungsformular (ICF), Case Report Form (CRF), Prüferbroschüre, Monitoring-Listen, Visit Reports, Register unerwünschter Ereignisse sowie den Abschlussbericht. Ihre Erstellung erfordert spezielles Fachwissen im Bereich Medical Writing, da sie MDR-, GCP- und ISO 14155-konform sein muss und eine transparente Überprüfung der klinischen Wirksamkeit durch die Benannte Stelle ermöglicht.
Berichterstattung und CIR
Nach Abschluss der Prüfung erstellt der Sponsor einen Clinical Investigation Report (CIR), der Methodik, Ergebnisse, Nebenwirkungen und Schlussfolgerungen dokumentiert. Dieser Bericht muss in EUDAMED und bei der zuständigen Behörde eingereicht werden. Die Qualität des Prüfungsberichts beeinflusst den Erfolg der Bewertung durch die Benannte Stelle.
Ethische Anforderungen und Einwilligung
Jede Prüfung muss von einer Ethikkommission genehmigt werden, und die Teilnehmer müssen eine Einwilligungserklärung unterzeichnen. Der Einwilligungsprozess muss MDR- und Helsinki-Deklaration-konform sein. Teilnehmer können ihre Teilnahme jederzeit ohne Angabe von Gründen beenden.
Verknüpfung mit PMS und PMCF
Die Ergebnisse klinischer Prüfungen fließen in das System der Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS) sowie in die PMCF-Aktivitäten (Post-Market Clinical Follow-up) gemäß Anhang XIV MDR ein. Ein fehlender Zusammenhang zwischen Prüfung und PMS führt zur Ablehnung der klinischen Bewertung.
Wie unterstützt Pure Clinical klinische Prüfungen von Medizinprodukten?
Pure Clinical bietet umfassende Unterstützung in allen Phasen der klinischen Prüfung gemäß MDR, ISO 14155 und GCP:
- Erstellung des Protokolls und der Unterlagen für EUDAMED,
- Machbarkeitsanalyse und Zentrenaudit,
- Monitoring, Datenmanagement, Meldung von SAE/SUSAR,
- Erstellung der Abschlussdokumentation und des CIR,
- Integration der Ergebnisse in PMS und PMCF.
Unsere Teams kombinieren CRO-Kompetenz, operative Erfahrung und regulatorisches Know-how, um Hersteller bei der Bereitstellung klinischer Konformitätsnachweise zu unterstützen, die von den Benannten Stellen gefordert werden.