Wer ist ein Händler im Sinne der MDR und IVDR?

Ein Händler ist jeder Wirtschaftsakteur, der ein Medizinprodukt oder ein In-vitro-Diagnostikum (IVD) auf dem Markt der Europäischen Union bereitstellt, ohne dessen Hersteller, Importeur oder Bevollmächtigter Vertreter zu sein. Diese Rolle übernehmen häufig Großhändler, Logistikdienstleister, lokale Anbieter sowie Handelsplattformen. Der Händler ist ein eigenständiger Akteur, jedoch verpflichtet, die Anforderungen des Konformitäts- und Überwachungssystems gemäß MDR/IVDR sowie dem nationalen Medizinproduktegesetz einzuhalten.

Pflichtenbereich des Händlers von Medizinprodukten

Art. 14 MDR und IVDR definieren die Pflichten des Händlers eindeutig. Er muss unter anderem:

  • prüfen, ob das Produkt die CE-Kennzeichnung, eine zugewiesene UDI sowie die Konformität mit MDR/IVDR aufweist,
  • das Vorliegen der EU-Konformitätserklärung und die Vollständigkeit der Gebrauchsanweisung kontrollieren,
  • geeignete Transport- und Lagerbedingungen gemäß den Herstelleranforderungen sicherstellen,
  • Beschwerden, Reklamationen und Verdachtsfälle von Nichtkonformität erfassen und weiterleiten,
  • bei Korrekturmaßnahmen, Rückrufen (FSCA) und der Kommunikation mit Behörden mitwirken.

Die Pflichten umfassen auch die Überprüfung, ob die Angaben zu Hersteller und Importeur mit den Registrierungsinformationen im EUDAMED-System übereinstimmen und ob die SRN dem jeweiligen Produkt korrekt zugeordnet ist.

Kontrolle von Etikettierung und Dokumentation – operative Pflicht

Der Händler ist verpflichtet, systematisch sicherzustellen, dass jedes Produkt die Kennzeichnungs- und Dokumentationsanforderungen erfüllt:

  • Das Etikett muss mit der technischen Dokumentation übereinstimmen und die Herstellerdaten enthalten,
  • die Gebrauchsanweisung muss in der Sprache des Vertriebslandes verfügbar sein,
  • die UDI muss verifizierbar sein und mit der Konformitätserklärung verknüpft werden können.

Nichtkonformitäten bei der Kennzeichnung, fehlende Anleitungen oder eine fehlerhafte UDI können eine Pflicht zur Vertriebsunterbrechung und die Meldung eines Vorkommnisses an den Hersteller sowie die Aufsichtsbehörden nach sich ziehen.

Grundsätze für Vertrieb und Lagerung

Der Händler muss sicherstellen, dass Produkte gemäß den Herstelleranforderungen und den Vorgaben der MDR gelagert und transportiert werden:

  • Überwachung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit (sofern zutreffend),
  • Anwendung von FIFO- oder FEFO-Prinzipien bei Produkten mit Verfallsdatum,
  • Schutz vor Beschädigung, Kontamination oder unbefugtem Zugriff.

Diese Grundsätze sollten Teil von Verfahren nach Gute Vertriebspraxis (GDP) für Medizinprodukte sein und mit dem ISO-13485-System integriert werden.

Vigilance – Rolle des Händlers im Überwachungssystem

Händler sind ein aktives Glied im Vigilance- und PMS-System. Sie müssen unverzüglich:

  • den Hersteller über Beschwerden und Vorkommnisse informieren,
  • bei Korrekturmaßnahmen und Field Safety Corrective Actions (FSCA) mitwirken,
  • die Umsetzung von Vigilance-Verfahren durch Dokumentation und Monitoring unterstützen.

Diese Pflicht umfasst auch unterstützende PMS-Maßnahmen – z. B. die Erfassung von Nutzerfeedback, technischen Meldungen und potenziellen Risiken.

Beschwerderegister und Informationszugang

Der Händler ist verpflichtet, ein vollständiges Register zu führen über:

  • Beschwerden von Anwendern, Institutionen und Patienten,
  • Meldungen zu Qualitätsproblemen und Reklamationen,
  • Daten zu Korrekturmaßnahmen und Produktrückrufen.

Diese Register müssen dem Hersteller, dem EU-Bevollmächtigten, dem Importeur sowie den Aufsichtsbehörden auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.

Verantwortung und Sanktionen bei Pflichtverstößen

Der Händler trägt administrative und zivilrechtliche Verantwortung bei Verstößen. Mögliche Sanktionen umfassen u. a.:

  • Verwaltungsstrafen bis zu 5.000.000 PLN,
  • Anordnung zur Marktrücknahme und Entsorgung des Produkts,
  • zivilrechtliche Haftung gegenüber Anwendern und Gesundheitseinrichtungen.

Die Nichtumsetzung der Pflichten nach Art. 14 MDR/IVDR kann zum Verlust des Status als autorisierter Händler im Vertriebsnetz des Herstellers führen.

Häufigste operative Nichtkonformitäten von Händlern

In Audits und Kontrollen werden am häufigsten folgende Mängel festgestellt:

  • Bereitstellung von Produkten auf Grundlage einer veralteten EU-Konformitätserklärung,
  • fehlende Kenntnis über wesentliche Produktänderungen,
  • unzureichende Lager- oder Transportbedingungen,
  • keine oder verspätete Reaktion auf Reklamationen bzw. Meldungen von Anwendern.

Häufig fehlt zudem ein dokumentierter Nachweis der Schulung des operativen Personals zu MDR und IVDR.

Wie unterstützt Pure Clinical Händler bei der Sicherstellung der Konformität?

Das Team von Pure Clinical bietet Händlern umfassende Unterstützung bei der Umsetzung und Überwachung der operativen Konformität:

  • Erarbeitung und Implementierung von Verfahren gemäß MDR und IVDR,
  • Aufbau von Beschwerde-, PMS- und Vigilance-Registern,
  • Prüfung der Dokumentation – Konformitätserklärungen, Kennzeichnungen, Gebrauchsanweisungen,
  • Schulungen für Betriebs- und Qualitätspersonal,
  • Audit der operativen Bereitschaft und Begleitung bei URPL-Kontrollen.

FAQ

Darf ein Händler Produkte direkt an den Endnutzer (z. B. Patienten) abgeben?

Ja, jedoch nur im Falle von Produkten, die für die Anwendung durch Laien vorgesehen sind. In diesem Fall muss der Händler besonders darauf achten, dass die Informationsmaterialien den nationalen Anforderungen entsprechen (z. B. Sprache der Gebrauchsanweisung, Vorhandensein von Warnhinweisen) und dass die Werbemaßnahmen überwacht werden.

Darf ein Händler die Kennzeichnung oder die Transportverpackung eines Produkts ändern?

Nein, außer er handelt als Importeur oder hat die schriftliche Zustimmung des Herstellers und erfüllt die Bedingungen nach Art. 16 MDR/IVDR. Änderungen an Etiketten, IFU (Gebrauchsanweisungen) oder Verpackungen ohne Autorisierung können als unzulässige Veränderung des Produkts gewertet werden.

Wie häufig sollte der Händler die Dokumentation zur CE- und UDI-Prüfung aktualisieren?

Regelmäßig, entsprechend dem Lieferzyklus und den Änderungen des Herstellers. Empfohlen wird eine Überprüfung der Konformitätsdokumentation mindestens einmal pro Quartal sowie bei jeder neuen Lieferung, um Änderungen in der EU-Konformitätserklärung oder UDI-DI rechtzeitig zu erfassen.

Haftet der Händler für Fehler des Herstellers in der technischen Dokumentation?

Nicht direkt, er ist jedoch verpflichtet, die weitere Bereitstellung des Produkts zu verweigern und die Nichtkonformität zu melden. Setzt der Händler den Vertrieb trotz Kenntnis von Fehlern fort, kann dies zu Mitverantwortung im zivilrechtlichen Sinne und zu Verwaltungssanktionen führen.