Was ist die MDR?

Die MDR (Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates) ist der Rechtsakt, der einheitliche Vorschriften für in der Europäischen Union in Verkehr gebrachte Medizinprodukte festlegt. Sie ersetzt die früheren Richtlinien 93/42/EWG (MDD) und 90/385/EWG über aktive implantierbare Medizinprodukte. Die MDR gilt seit dem 26. Mai 2021 in vollem Umfang und findet auf alle Hersteller, Importeure und Bevollmächtigten auf dem EU-Markt Anwendung. Die MDR regelt zudem bestimmte Produkte ohne ausgewiesenen medizinischen Zweck, die in Anhang XVI aufgeführt sind.

MDR vs. MDD – zentrale Unterschiede

Im Vergleich zu den MDD führt die MDR deutlich detailliertere und verbindlichere Anforderungen ein. Die wichtigsten Neuerungen umfassen:

  • Erweiterung des Produktkatalogs, der der Regulierung unterliegt,
  • verpflichtende klinische Bewertung für alle Klassen,
  • Einführung der PRRC (verantwortliche Person für die Einhaltung der Regulierung),
  • Pflicht zur Meldung an die EUDAMED-Datenbank,
  • UDI-System (Unique Device Identification) für jedes Produkt,
  • strengere Überwachung durch Benannte Stellen sowie Anforderungen an PMS und Vigilanz.

Anwendungsbereich der MDR

Die MDR gilt für alle Medizinprodukte, sowohl in Serie gefertigte als auch kundenspezifische. Sie betrifft u. a. implantierbare, aktive, sterile Produkte, Prozedurensets, Systeme sowie Produkte ohne medizinischen Zweck (z. B. kosmetische Laser, farbige Kontaktlinsen). Erfasst sind auch Produkte, die Software als medizinische Funktion verwenden – sogenanntes Software as a Medical Device (SaMD).

Ziele und Bedeutung der MDR

Hauptziel der MDR ist die Erhöhung der Patientensicherheit und die Verbesserung der Transparenz im MedTech-Markt. Die Verordnung stellt sicher, dass nur sichere, leistungsfähige und hinreichend dokumentierte Produkte in Verkehr gebracht werden. Die MDR führt u. a. ein:

  • einheitliche Regeln der Risikoklassifizierung,
  • die Pflicht zur Durchführung der Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS),
  • Erfassung und Meldung von Vorkommnissen im Rahmen des Vigilanzsystems,
  • Veröffentlichung von Informationen über Zertifikate und klinische Prüfungen über EUDAMED.

Klassifizierung von Medizinprodukten gemäß MDR

Die MDR führt vier Risikoklassen gemäß Anhang VIII ein:

  • Klasse I – geringes Risiko,
  • Klasse IIa – moderates Risiko,
  • Klasse IIb – hohes Risiko,
  • Klasse III – höchstes Risiko, z. B. Implantate, Arzneimittelpumpen.

Die Klassifizierung bestimmt das Verfahren der Konformitätsbewertung, den Umfang der Dokumentation und die Notwendigkeit der Beteiligung einer Benannten Stelle.

Konformitätsbewertungsverfahren gemäß MDR

Der Zertifizierungsprozess nach MDR umfasst:

Rolle von EUDAMED

EUDAMED ist die zentrale europäische Datenbank, die Zugang zu Informationen über Produktregistrierung, Zertifikate, Benannte Stellen, Ergebnisse klinischer Prüfungen und Vorkommnisse ermöglicht. Meldungen sind für Hersteller, Bevollmächtigte und Importeure verpflichtend. Das System besteht aus sechs Modulen – u. a. UDI, Zertifizierung, Vigilanz und klinische Prüfungen – die schrittweise in Betrieb genommen werden.

Pflicht zur Benennung einer PRRC

Gemäß Artikel 15 MDR muss jeder in der EU ansässige Hersteller eine für die Einhaltung der Regulierung verantwortliche Person (PRRC – Person Responsible for Regulatory Compliance) benennen. Diese ist u. a. verantwortlich für die Konformität der technischen Dokumentation, das PMS-System, Vigilanzmaßnahmen sowie die Erfüllung der Registrierungspflichten.

Bevollmächtigter Vertreter in der EU

Gemäß der Verordnung MDR 2017/745 ist die Benennung eines Bevollmächtigter Vertreter für Hersteller außerhalb der EU obligatorisch. Ohne die Benennung eines Bevollmächtigten dürfen keine Medizinprodukte legal in der EU in Verkehr gebracht werden. Der Bevollmächtigte vertritt den Hersteller gegenüber den Aufsichtsbehörden.

UDI-Identifikationssystem

UDI (Unique Device Identification) ist eine eindeutige Kennung für jedes Medizinprodukt. Sie besteht aus einem Produktidentifikationscode (UDI-DI) und einem Produktions-/Chargencode (UDI-PI). UDI verbessert die Rückverfolgbarkeit, unterstützt Rückrufprozesse und ermöglicht eine effektivere Marktüberwachung. Jedes CE-gekennzeichnete Produkt muss eine UDI tragen und in EUDAMED registriert sein.

Anforderungen an die technische Dokumentation

Die MDR-konforme technische Dokumentation muss enthalten:

  • Beschreibung von Aufbau, Funktion und Zweckbestimmung des Produkts,
  • Werkstoff- und Technologiespezifikationen,
  • Daten aus präklinischen und klinischen Untersuchungen,
  • Berichte aus PMS und dem Vigilanzsystem,
  • vollständige Risikoanalyse und Prozessvalidierungen.

Pflichten des Herstellers nach MDR

Der Hersteller von Medizinprodukten muss gemäß MDR:

  • die klinische Bewertung aktuell halten,
  • ein PMS-System betreiben und unerwünschte Ereignisse melden,
  • Registrierungspflichten in EUDAMED erfüllen,
  • je nach Risikoklasse – mit der Benannten Stelle zusammenarbeiten,
  • Mechanismen für das Lebenszyklusmanagement des Produkts implementieren.

Umsetzungsfahrplan der MDR

Die MDR gilt seit dem 26. Mai 2021; Übergangszeiträume wurden durch die Verordnung (EU) 2023/607 verlängert:

  • bis 26. Mai 2026 – für kundenspezifische Produkte der Klasse III,
  • bis 31. Dezember 2027 – für Hochrisiko-Implantate der Klassen IIb und III,
  • bis 31. Dezember 2028 – für übrige Produkte niedrigerer Risikoklassen.

Die Verordnung (EU) 2024/1860 brachte zusätzliche Aktualisierungen zu Registrierung und EUDAMED. Hersteller müssen MDCG-Mitteilungen verfolgen und ihre Prozesse an geltende Leitlinien anpassen.

Wie Pure Clinical bei der Erfüllung der MDR-Anforderungen unterstützt

Pure Clinical bietet umfassende Unterstützung zur MDR-Konformität, einschließlich:

  • Erstellung und Audit der technischen Dokumentation,
  • Produktklassifizierung und Auswahl des optimalen Zertifizierungspfads,
  • Prüfung klinischer Daten und PMS-Strategie,
  • Beratung zu EUDAMED, PRRC, UDI sowie zur Zusammenarbeit mit der Benannten Stelle.

Wir unterstützen sowohl Hersteller klassischer Produkte als auch Entwickler digitaler Lösungen (SaMD), Implantate und Hochrisikoprodukte. Unsere Arbeit ist konsequent MDR-, IVDR- und ISO-13485-konform und folgt den MDCG-Leitlinien.

FAQ

Gilt die MDR auch für Produkte, die ausschließlich in klinischen Prüfungen verwendet werden?

Ja. Die MDR findet auf Produkte Anwendung, die in klinischen Prüfungen eingesetzt werden, wenn ihr Ziel die Unterstützung der CE-Kennzeichnung oder die Erhebung von Sicherheits- und Leistungsdaten für die Konformitätsbewertung ist.

Was passiert mit nach MDD zertifizierten Produkten nach Ablauf der Übergangsfrist?

Produkte mit gültigen MDD-Zertifikaten dürfen während der Übergangszeit im Markt bleiben, sofern keine wesentlichen Änderungen vorgenommen wurden. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Zertifizierung gemäß MDR erforderlich.

Ab wann wird die Registrierung in EUDAMED für Hersteller verpflichtend?

Die Pflicht zur vollständigen Registrierung gilt, sobald alle Module des Systems voll funktionsfähig sind. Bis dahin wird eine freiwillige Registrierung empfohlen, um interne Systeme und UDI-Daten vorzubereiten.

Welche Qualifikationen muss die verantwortliche Person (PRRC) gemäß MDR besitzen?

Die PRRC muss ein abgeschlossenes Hochschulstudium in Recht, Medizin, Pharmazie, Ingenieurwesen oder einem verwandten Fachgebiet sowie mindestens ein Jahr Erfahrung in Regulierung oder Qualitätsmanagement im Medizinproduktesektor vorweisen.

Gilt jede Software nach MDR als Medizinprodukt?

Nein. Nur Software mit medizinischer Zweckbestimmung – etwa für Diagnostik, Überwachung oder Behandlung – unterliegt der MDR. Anwendungen mit allgemeinem Gesundheits- oder Lifestyle-Bezug sind ausgenommen.